Beim ersten Gedanken an England Großbritannien ich an ein ziemlich schlechtes Eisenbahnsystem, dem sein Ruf ja vorauseilt. Mittlerweile hat sich für mich schon mehrfach das Gegenteil bewiesen. Auch in diesem Jahr zeigte sich für mich, dass Eisenbahn in England viel Spaß machen kann.
Unser Abstecher nach Cornwall begann in Süddeutschland. Nach England reisten wir standesgemäß mit dem Zug. Hierfür leisteten wir uns ein London-Spezial der Deutschen Bahn. Die Preise sind bei früher Buchung sehr manierlich. Die günstigsten Angebote beginnen bei 59 Euro in der zweiten Klasse und 109 Euro in der ersten Klasse. Da zu unserem Buchungszeitpunkt die zweite Klasse nur noch für 79 Euro erhältlich war, entschieden wir uns für die erste Klasse - Diese hat insbesondere im Eurostar zwischen Festland und Großbritannien ihren Wert (deutlich besserer Sitzkomfort wie in der zweiten Klasse, außerdem gibt es eine kleine Mahlzeit und Getränke inklusiv während der Fahrt). Aber auch in Deutschland stehen einem z.B. in Frankfurt die DB-Lounges offen und man bekommt im ICE eine Tageszeitung an den Platz gebracht usw.
Vergleiche Ticketpreise nach England
Anreise von Süddeutschland via Brüssel per ICE und Eurostar nach London
Dieses Jahr reisten wir zum ersten Mal via Brüssel, da die Nachtzüge von und nach Paris ja leider eingestellt wurden. Das Check-In-Procedere lief aber ähnlich flüssig wie in Paris und wenn mans mal hinter sich gebracht wars eigentlich recht unkompliziert. Bestimmte Gepäckstücke dürfen nicht mit in den Eurostar genommen werden, diese finden sich auf der Eurostar-Homepage. In der ersten Klasse machte uns die Reise durch den Ärmelkanal eigentlich ziemlich Spaß, es wird ein angenehmes Ambiente geschaffen. Ein kleiner Hinweis am Rande: Im Eurostar gibt es eigentlich drei Klassen: Standard, Standard Premier und Business Premier. Standard entspricht der zweiten Klasse, Standard Premier ist die kleine erste Klasse mit kalter Mahlzeit und bei Business Premier gibts eine warme Mahlzeit und kürzere Check-In-Zeiten zum Zug (10 statt 30 min).
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In London hatten wir bis zur Abfahrt des Night Riviera (Blog über den Night Riviera), dem Nachtzug in den Cornwall noch etwas Zeit und waren noch etwas einkaufen und im Hyde Park spazieren. Dazu fuhren wir erstmal vom Bahnhof St Pancras zum Bahnhof Paddington mit der U-Bahn, um unser Gepäck aufzugeben. Die Fahrkarten für die U-Bahn sind nicht ganz günstig (Tageskarte 12 Pfund) und da wir noch nicht wussten, ob sich eine Tageskarte für die U-Bahn überhaupt lohnt, entschieden wir uns für eine Oyster Card. Das ist eine mit Guthaben aufladbare Fahrkarte. Bei jeder Fahrt wird ein Betrag für die zurückgelegte Wegstrecke abgebucht. Kontrolliert wird das über das Ein- und Auschecken der U-Bahn an den Bahnsteigsperren. Wenn der Wert der Tageskarte erreicht wird, wird nichts mehr von der Oyster Card abgebucht. Die Oyster Card selbst kostet fünf Euro Pfand. Man kann sie, wenn sie nicht mehr benötigt wird auch zurückgeben. Sowohl Kauf als auch Rückgabe geht am Automaten. Beim Kauf eines BritRail-Passes (mit dem wir übrigens auch unterwegs waren) wird sie oft mit angeboten. Wir haben sie unsere Oyster Cards allerdings behalten, wir haben uns nämlich fest vorgenommen, mal wieder nach England zu reisen.
Die Gepäckabgabe ist in England leider nicht so einfach. Aus Angst vor Kofferbomben werden fast keine Schließfächer mehr angeboten. Mit Glück gibt es entweder eine personenbediente Gepäckabgabestelle am Bahnhof oder eine private Abgabestelle in Bahnhofsnähe (häufig haben sich Hotels dessen angenommen). Wir haben uns aus Zeitgründen für eine Gepäckabgabestelle am Bahnhof entschieden. Da dort das Gepäck mittels Scanner auf verdächtige Gegenstände durchleuchtet wird, ist die Abgabe relativ teuer. Wir haben für zwei Koffer für 3 Stunden 12 Pfund bezahlt.
Von London nach Penzance mit dem Night Riviera Nachtzug
Nach einem schönen Nachmittag gabs noch eine Kleinigkeit zu essen, rund um den Bahnhof Paddington gibt es einige bezahlbare Lokale. Abends musste vor dem Check-In in den Night Riviera natürlich die GWR-Lounge getestet werden - die Sleeper-Fahrkarte berechtigt zum Zutritt. So stellt man sich Service vor. Snacks, Wein, Getränke kostenlos so viel man will. Wir ließen es uns noch gutgehen, bis der Zug bereitgestellt wurde.
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Die Fahrt selbst war dann denkbar unkompliziert. Einfacher Check-in, sehr laufruhige Wagen und ein richtiges bequemes Bett. Mit Daunendecke und zwei Federkissen versteht sich :-)
Tagi 1: Penzance, St Michael's Mount und St Ives
In Penzance angekommen gaben wir erstmal das Gepäck im Hotel ab. Anschließend besuchten wir den St Michael's Mount - eine Gezeiteninsel. Bei Ebbe ist sie zu Fuß erreichbar, bei Flut nur per Fähre. Die Insel ist nur wenige Kilometer von Penzance entfernt und mit dem relativ preiswerten Bus der Linie 2 in 20 Minuten zu erreichen, welcher gleich gegenüber vom Bahnhof Penzance wegfährt.
...und bei hereinbrechender Flut.
Da nachmittags das Wetter nicht besonders schön war, beschlossen wir, noch die St Ives Branch Line mit dem Zug zu bereisen, von der man einen schönen Blick auf die Buchten und Sandstrände nahe St Ives hat. Um zu dieser Strecke zu kommen, muss man von Penzance aus wieder eine Station zurück Richtung London fahren - dem Bahnhof St Erth. Trotz der langen Umsteigezeit auf diesem kleinen Bahnhof wird einem nicht langweilig. Schließlich gibt es dort relativ selbstverständlich einen Schalter, saubere Toiletten und einen kleinen Imbiss am Bahnhof. Die Literkanne Tee für 3 Pfund.
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St Ives ist noch deutlich tourstischer geprägt wie Penzance, aber dennoch ein wunderschönes Küstenstädtchen. Ein Besuch lohnt sich aber schon alleine wegen der spektakulären Anreise.
Tag 2: Land's End und Minack Theatre
An diesem Tag war noch eine sehr klassische Touristenattraktion dran: Land's End - der westlichste Punkt Großbritanniens. Sozusagen wirklich das Ende der alten Welt. Im Westen findet man richtiges Festland erst wieder in Amerika. Vom Busbahnhof in Penzance aus kommt man dorthin übrigens preiswert mit der Linie 1a. Eine lustige Route über winzige Straßen. Große Erwartungen an Land's End hatten wir nicht. Wir erwarteten eine abgegraste Touri-Eventlocation. Die Touris verteilen sich jedoch gut und direkt an den Klippen sind keine Souvenirstände oder sonstige Attraktionen. An den Felsen zu stehen und auf den dort sehr wilden Atlantik zu blicken ist schon beeindruckend. Tausende Kilometer nur Meer. Da uns die Küste gut gefiel, haben wir uns entschlossen, zu Fuß den Coast Path bis nach Porthcurno zu wandern und erst dort wieder den Bus zu besteigen. In Porthcurno selbst gibt es das Minack Theatre zu besichtigen, ein Freilufttheater direkt in den Felsen und mit Blick auf das Meer. Außerdem liegt dort das Telegraph Museum (von hier aus gab es die erste Telegraphenverbindung nach Amerika), welches wir an dem Tag leider nicht mehr besuchen konnten.
Tag 3: Plymouth, Truro Cathedral und Looe
Ab hier geht es wieder ostwärts Richtung London, aber ganz gemächlich. Ziel der Etappe war Plymouth, welches wir über Umwege erreichten. Auf dem Weg nach Plymouth stiegen wir zum ersten mal in Truro aus, welches vom Zug aus bereits durch seine berühmte Kathedrale hervorsticht. Dort machten wir einen kleinen Stadtrundgang und ein schönes Mittagessen.
Ein zweites Mal stiegen wir in Liskeard aus, um die Looe Valley Branch Line zu bereisen. Leider verpassten wir in Liskeard unseren Anschluss nach Looe ganz ganz knapp. Gottseidank gibt es auch an diesem kleinen Dorfbahnhof einen Bahnhof mit örtlicher Aufsicht. Als er unser Pech sah, bestellte er umgehend ein Taxi nach Looe, obwohl die Strecke eigentlich im Stundentakt bedient wird. Er wollte kein Formular ausgefüllt haben und keine Fahrkarte sehen. Wir glaubten unseren Augen und Ohren nicht. In anderen Ländern einfach unvorstellbar. (Denn selbst wenn es dort eine örtliche Aufsicht gibt, ist die in anderen Ländern ganz schnell verschwunden, wenn man sie mal braucht...) Durch die Taxifahrt schafften wir es noch, das Fischerörtchen Looe anzuschauen und immerhin zurück einmal mit dem Zug durch das schöne Tal vom River Looe zu fahren.
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Aufgrund des langen Tages blieb in Plymouth nur noch ein kleiner Abendspaziergang durch die Stadt, die wir allerdings als nicht ganz so sehenswert einstuften und sind nach einem Abstecher über ein Pub daher bald ins Bett.
Tag 4: Dawlish und Bath
Und weiter Richtung London - Ziel der Etappe diesmal: Bath, eine Stadt in der Grafschaft Somerset mit langer Geschichte. Vorher machten wir allerdings einen kleinen Abstecher nach Dawlish, um die South Devon Railway sea wall mal aus der Nähe bestaunen zu können. Die Bahnstrecke verläuft hier direkt an der Küste entlang und fährt rund um Dawlish abwechselnd an der Stützmauer oder durch Tunnels. Sehr beeindruckend, wie man die Strecke 1846 trassierte.
Nachdem es uns dort ganz gut gefiel, kamen wir wieder spät am Ziel an. Doch wir hatten uns noch den ganzen nächsten Tag in Bath eingeplant.
Tag 5: die Sehenswürdigkeiten in Bath
Wir waren froh, ausnahmsweise mal keinen Reisetag vor uns zu haben. So blieb Zeit, in Ruhe zu Bummeln und die Sehenswürdigkeiten von Bath zu besichtigen. Die Abbey, den historischen Kanal, den Circus, den Alexandra Park und vieles mehr.
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Tag 6: Bath, Portsmouth und Southsea
Vormittag klapperten wir noch ein paar Sehenswürdigkeiten in der Stadt ab wie zum Beispiel die Pulteney Bridge und die historischen Assembly Rooms aus der georgianischen Zeit – Eine tolle Stadt, wir wollten gar nicht wieder weg.
Dennoch reisten wir am Nachmittag weiter nach Portsmouth, wo am nächsten Tag für mich ein weiterer Höhepunkt der Reise anstand: Eine Fahrt mit einem Hovercraft. Denn zwischen Southsea bei Portsmouth und Ryde auf der Isle of Wight gibt es bis zum heutigen Tage eine Fährverbindung per Luftkissenboot.
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Um zu wissen, auf was wir uns da eigentlich einließen, warfen wir am Abend noch einen kleinen Blick auf den Hoverport von Southsea. Sehr beeindruckend, dem Hovercraftbetrieb zuzusehen. Den Abend ließen wir in einem der wirklich coolen Pubs von Southsea ausklingen.
Tag 7: Mit dem Hovercraft Boot auf die Isle of Wight
Endlich war es soweit. Wir begaben uns morgens gleich vom Hotel zum Hoverport von Southsea. Wer vom Bahnhof aus direkt zum Hoverport möchte, kann den Hoverbus nutzen, der im entsprechenden Ticket inklusive ist. Tagsüber wird fast durchgehend im Halbstundentakt gefahren, bzw. geflogen wie es bei Hovercrafts heißt. Einmal eingestiegen gibt es dann kein zurück mehr. Türen zu, Schürze aufblasen und plötzlich schwebt man. Rauf aufs Wasser und ab gehts mit Karacho. Mir machte es richtig Spaß, ganz anders wie in einem so lahmen Schiff. Meiner Freundin war das Gewackel während des Fluges noch etwas suspekt. Für die ca. 8km Entfernung nach Ryde auf der Isle of Wight benötigt das Hovercraft gerade einmal 10 Minuten.
Wenn wir schon allein wegen des genialen Verkehrsmittels auf der Isle of Wight waren, erkundeten wir sie auch ein bisschen. So besuchten wir Osborne House, einen Landsitz von Queen Victoria. Diesen kann man bequem per Bus erreichen und war in unserem Hoverticket dazugebucht.
Nachmittags bereisten wir noch die Island Line, die sehr kurze Bahnstrecke (13km) auf der Isle of Wight an und wanderten zwischen zwei Bahnhöfen die Küste entlang. Bemerkenswert an der Island Line ist, dass sie aufgrund des schmalen Lichtraumprofils alte Londoner U-Bahn-Triebwagen im Einsatz hat. Die Züge der Island Line sind in das nationale Tarifsystem integriert und können auch mit BritRail-Pässen benutzt werden.
Fotos:
Bahnhof Ryde St John's Road
Küstenwanderung zwischen Shanklin und Lake.
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Unsere Rückreise via London mit dem Eurostar
Leider geht eine Woche Urlaub immer viel zu schnell vorbei und so ging es wieder auf den Rückweg. So machten wir uns am Morgen mit einem Zug von SouthWestTrains auf nach London, wo wir nochmals ein bisschen bummelten, aber bald in den Eurostar nach Hause eincheckten. Weil wir mutig die letzte Verbindung des Tages ab London wählten, stellten wir uns gedanklich schon mal sicherheitshalber auf ein Hotel unterwegs ein, falls wir einen Anschlusszug versäumen wurden. Erstaunlicherweise blieb uns das jedoch erspart.
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